Buchauszug: Schlanker Materialfluss mit Lean
Production, Kanban und Innovationen
Philipp Dickmann
Die Praxis ist komplex, dynamisch und interdisziplinär
Der Praktiker der mit Materialfluss konfrontiert ist, sieht sich
heute vielfältigen, teils
scheinbar widersprüchlichen Anforderungen verschiedener Fachbereiche gegenüber.
Um seine Zielvorgaben, wie kontinuierlich volle Lieferfähigkeit, minimale Bestände und
Kosten, zu erreichen muss er in verschiedensten Spezialdisziplinen gleichermaßen
höchst kompetent sein. Im Tagesgeschäft wird diese Sichtweise als aufwendiges
Optimieren von isolierten, eindimensionalen Problemstellungen empfunden. In der
betrieblichen Praxis ist der Mitarbeiter zumeist wesentlich rudimentäreren, aber
gleichzeitig, aufgrund der Vielzahl und der interdisziplinären Ursachen, letztlich hoch
komplexen Problemstellungen ausgesetzt. Die Ursachen für diese unterschiedliche
Auffassung der Abläufe ist einfach: Viele der Rahmenbedingungen die landläufig als fix
oder ideal erfüllt angesehen werden, sind es in der Realität nicht. Viele
Optimierungsansätze erscheinen dem Praktiker angesichts der tatsächlichen
Problemstellungen des Alltags, als unrelevant:
- Planungen die sich sekündlich gravierend verändern
- Softwaredaten die im zweistelligen Prozentbereich Fehler aufweisen
- Anlagen die kurzfristig ausfallen
- Ausschussraten die plötzlich 50% Kapazität zehren
- Softwareprodukte die sehr starke Abweichungen zur Realität aufweisen
- Änderungen die kaum vollständig einfließen können, bevor sie wieder
ersetzt werden
- Lieferanten die kaum soweit entwickelt werden, dass eine vernünftige
Zusammenarbeit möglich ist, ehe sie durch neue Lieferanten ersetzt werden
- Mängel oder Strategien in der betrieblichen Zusammenarbeit die einen
kostenoptimalen Materialfluss unmöglich machen und an schlechter Stimmung
oder hoher Fluktuation erkennbar sind.
- Etc.
Eine umfassendere Sichtweise und alles wird ganz einfach
In der Literatur wird Materialfluss überwiegend in Spezialdisziplinen betrachtet,
etwa der
Steuerungslogik, der Logistiktechnik oder dem Supply Chain Management. Ein
charakterisierendes Merkmal des Materialflusses ist jedoch, dass er sich aus vielfältigen
Einzelbausteinen zusammensetzt, die alle harmonisch abgestimmt sein müssen. Die
maximal erreichbare Effizienz wird nicht durch Höchstleistungen in dem einen oder
anderen Spezialthema bestimmt, sondern durch das schwächste Glied im gesamten
komplexen Netzwerk. Den Schnittstellen zwischen den betroffenen Fachbereichen, in
einem Unternehmen, kommt hier eine ganz besondere Bedeutung zu: Erst ein
harmonischer Einklang ermöglicht hohe Effektivität. Dies setzt umfassendes
Verständnis für interdisziplinäre Notwendigkeiten, ein hohes Maß an Abstimmung mit
den operativen Prozessen und letztlich einen einvernehmlichen Umgang und den
Respekt vor den Problemstellungen des Anderen voraus. Es ist also notwendig eine
umfassende interdisziplinäre Lösung anzustreben, die keine Teilaspekte
unberücksichtigt lässt. Alle notwendigen angrenzenden Fachbereiche, mit Ihren teils
kontroversen Thesen und Zielvorstellungen müssen integriert werden. In der Realität
der Unternehmen sind nicht selten Zielkonflikte vorhanden, die zu enormen
Spannungen und enormer Verschwendung führen.
Moderne Hilfsmittel und Methoden des Maschinenbaus, der Logistik, der
Betriebswirtschaftlehre und der Informationstechnik müssen, um im globalen Markt
konkurrenzfähigen zu sein, gleichermaßen perfekt umgesetzt werden. Akademische
Kompetenz muss auf einer anderen Ebene Hand in Hand ergänzt werden durch
hochwertige erfahrungsbasierte Methoden und differenziertes praktisches Know-how
der realen Umsetzung. Das Toyota Produktions-System bildet ein zentrales Fundament,
auf das zahlreiche neuere Methoden und Umsetzungen der Lean-Philosophie basieren.
Ergänzend existieren gilt es versprechende neue Ansätze und zukunftsweisende
Weiterentwicklungen zu integrieren. Aus diesen Ansätzen entstand die folgende
Struktur des Buchs:
Verzahnung perfekt beherrschen ist die Aufgabe welche über die
Zukunft entscheidet
Besonders beim Thema Materialfluss ist es wesentlich, umfassend und interdisziplinär
optimal zu arbeiten. Es gilt allgemein wenig Störungen und Verschwendung zu
erreichen und nicht nur in einer Spezialdisziplin das letzte Promille an Optimierung
auszureizen. Wenn diese Basis erreicht ist, existieren vielfältige Möglichkeiten die
Prozesse noch schlanker und gleichzeitig sicherer zu gestalten. Der Praktiker benötigt
eine komplexe Mischung an wesentlichen Grundmethoden und neuen oder spezielleren
Ansätzen, die umfassend alle notwendigen Themen in einfacher Form transparent
machen. Schlanker Materialfluss, schlanke Produktion und letztlich das schlanke
Unternehmen stellen auch in den Industriestaaten ein immer noch enormes, letztlich
sogar volkswirtschaftliches Potential dar, da hiermit eine tatsächliche Optimierung der
Wertschöpfung erreicht wird.
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